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Daniel Hope: Geschichtskunde - Daniel Hope: Geschichtskunde

Unser Kolumnist konzertierte vor dem Brandenburger Tor und kann damit auch ein Zeichen für die Geschichte seiner eigenen Familie setzen. Sie haben bei den Erinnerungen zur Reichspogromnacht von 1938 ein Konzert vor dem Brandenburger Tor gegeben. Sie sind Jahrgang 1973, fühlen Sie bei solch geschichtlichen Ereignissen mit?
Sehr sogar. Seit ich die Geschichte meiner Familie entdeckte, die 1938 aus Berlin vertrieben wurde, habe ich mich ja bewusst entschieden, viele historische Orte Berlins zu bespielen: den Reichstag, die Mendelssohn-Remise, Tempelhof. Denn dort Musik zu machen, umzingelt von all den Geschehnissen und Gespenstern, befreit mich von einer Vergangenheit, die ich nicht erlebt habe, aber trotzdem noch spüre. Das Konzert am Brandenburger Tor war bisher das Highlight.

Es gab auch Kritiker  der „Feierlichkeiten“. Haben Sie Verständnis dafür?
Als Engländer kann ich nur aus meiner Sicht sprechen: Dass man an dem Abend und überhaupt über das ganze Jahr durch die Ausstellung „Zerstörte Vielfalt“ 1000 Berliner Schülerinnen und Schüler dazu bewegen konnte, ein Signal zu setzen, dass das heutige Deutschland ein Bewusstsein für den Wert der Vielfalt hat, finde ich großartig. Wenn das Gedenken an die Ereignisse von 1938 dazu mahnt, wachsam zu sein gegenüber jeder Form von Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus und Gewalt, dann finde ich solche Abende sehr wichtig.

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Foto: Christian Kielmann

Daniel Hope auf der Leinwand am Brandenburger Tor.

Soeben ist auch die DVD „Theresienstadt“ erschienen, an der Sie beteiligt waren…
Ja, ein Projekt, das mir sehr viel bedeutet, denn wir erzählen die Geschichte von zwei überlebenden Musikern, Alice Herz-Sommer (110) und Coco Schumann (89). Alle Künstler haben ihren Beitrag an diesem DVD-Projekt absolut ehrenamtlich geleistet. Die Bayerische Akademie der Schönen Künste unterstützte die Realisierung der Produktion zusätzlich mit einem namhaften Betrag. Etwaige spätere Erträge aus dieser DVD sollen ausschließlich und zweckgebunden für Maßnahmen verwendet werden, die der Erinnerung an die Opfer von Terezin und deren zum Teil nahezu vergessenen Komponisten dienen.

Zurück nach Berlin. Haben Sie auch Politiker getroffen?
Das Konzert am Brandenburger Tor wurde maßgeblich von André Schmitz geprägt, dem Berliner Staatssekretär für Kultur. Zwei Tage später nahm ich an einem Gedenkkonzert im Finanzministerium teil, in Erinnerung an die Konferenz vom 12. November 1938 im damaligen Reichsluftfahrtministerium. Dort bin ich Wolfgang Schäuble begegnet, der sehr viel tut, um die Geschichte des „Hauses“ an die Öffentlichkeit zu bringen.

Verstehen die deutschen Politiker eigentlich was von klassischer Musik?
Die beiden Herren sind große Liebhaber klassischer Musik, Herr Schäuble hat in seiner Jugend ja selbst Geige gespielt!

Sie haben für das Jahresende angeblich alle Konzerte abgesagt, können Sie uns den Grund verraten?
Wir erwarten in Kürze unser erstes Kind! Ich habe beschlossen, drei Monate frei zu nehmen. Auch wenn ich viele Auftritte absagen musste – ich möchte diese erste Zeit unbedingt miterleben.

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Anne Sofie von Otter: Refuge in Music: Theresienstadt
Universal/Music/DVD

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